In der arbeitsrechtlichen Praxis begegnet uns immer wieder eine hartnäckige Fehlvorstellung: Viele setzen einen gerichtlichen Vergleich im Kündigungsschutzverfahren mit einem Aufhebungsvertrag gleich oder betrachten ihn fälschlicherweise als eigenständige Beendigungsart. Dies ist jedoch unzutreffend. Ein gerichtlicher Vergleich ist kein eigenes Rechtsinstrument zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sondern eine Möglichkeit, wie ein bereits eingeleitetes Kündigungsschutzverfahren enden kann.
Was ist ein arbeitsgerichtlicher Vergleich?
Ein gerichtlicher Vergleich entsteht ausschließlich im Rahmen eines laufenden Kündigungsschutzprozesses. Typischer Ablauf: Der Arbeitgeber bietet dem Arbeitnehmer zunächst einen Aufhebungsvertrag an. Lehnt der Arbeitnehmer ab, spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus. Daraufhin erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage. Nach einiger Zeit findet dann der sogenannte Gütetermin, die erste mündliche Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, statt.
In diesem Termin kann es zu einer Einigung zwischen den Parteien kommen, die das Gericht protokolliert und damit rechtsverbindlich macht. Diese Einigung bezeichnet man als gerichtlichen Vergleich. Er enthält regelmäßig Regelungen zu Abfindung, Zeugnis, Freistellung oder zum Beendigungszeitpunkt. Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses beruht jedoch nicht auf dem Vergleich selbst, sondern weiterhin auf der zuvor ausgesprochenen Kündigung. Der Vergleich bestätigt diese und ergänzt sie um die vereinbarten Modalitäten.
Ein Anspruch auf einen Vergleich besteht nicht. Es kann durchaus sein, dass sich die Parteien nicht einigen und das Verfahren dann in die nächste Instanz der Kammerverhandlung übergeht. Gleichwohl enden die meisten Kündigungsschutzverfahren in der Praxis mit einem gerichtlichen Vergleich, weil er beiden Seiten Rechtssicherheit verschafft und weitere Prozessrisiken vermeidet.
Weitere Informationen zur zeitlichen Abfolge eines Kündigungsschutzverfahrens finden Sie in unserem Artikel zur Verfahrensdauer beim Arbeitsgericht Berlin.
Der typische Wortlaut eines solchen Vergleichs beginnt häufig mit der Formulierung: "Die Parteien sind sich einig, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung vom [Datum] mit Ablauf des [Datum] beendet worden ist." Anschließend folgen Vereinbarungen über eine Abfindung, ein Arbeitszeugnis oder andere praktische Aspekte der Beendigung.
Der entscheidende Unterschied zum Aufhebungsvertrag
Ein gerichtlicher Vergleich ist kein eigener Beendigungstatbestand, sondern entsteht im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens. Das Arbeitsverhältnis endet dabei formal aufgrund der zuvor ausgesprochenen Kündigung – der Vergleich regelt lediglich, dass die Parteien diese Beendigung akzeptieren und ergänzt sie um weitere Modalitäten wie Abfindung, Zeugnis oder Freistellung.
Der wesentliche Unterschied zum Aufhebungsvertrag besteht darin, dass ein gerichtlicher Vergleich vollstreckbar ist. Vereinbarungen über Zahlungen, etwa eine Abfindung, können daher bei Nichterfüllung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. Beim Aufhebungsvertrag ist dies nicht der Fall.
Ein weiterer praktischer Unterschied betrifft das Arbeitslosengeld: Während beim Aufhebungsvertrag fast immer eine Sperrzeit verhängt wird, kommt es beim gerichtlichen Vergleich in der Regel nicht dazu. Der Arbeitnehmer wirkt in diesem Fall nicht aktiv an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit, sondern hat sich zunächst gegen die Kündigung gewehrt und im Rahmen des Verfahrens einen Vergleich geschlossen. Gerade bei unklaren Erfolgsaussichten des Prozesses ist dies ein wesentlicher Vorteil für den Arbeitnehmer. d
Die "Best-of-both-worlds"-Lösung für beide Seiten
Der gerichtliche Vergleich nach ausgesprochener Kündigung bietet in der Praxis oft eine optimale Lösung für beide Parteien:
Für den Arbeitnehmer:
- Keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld (da die Beendigung auf der Arbeitgeberkündigung beruht)
- Dennoch Verhandlungsmöglichkeiten (Abfindung, Zeugnis, etc.)
- Rechtssicherheit durch gerichtliche Protokollierung
- Vollstreckbarkeit, z.B. der Abfindung
Abfindungsvergleich
Wer einen solchen Abfindungsvergleich anstrebt, sollte sich über die wichtigsten Aspekte eines Abfindungsvergleichs informieren.
Merke: Ein gerichtlicher Vergleich ist keine eigenständige Beendigungsart, sondern eine prozessuale Einigung über die Wirkungen einer bereits ausgesprochenen Kündigung – mit entscheidenden Vorteilen beim Arbeitslosengeld.