Kündigungsfristen im Dachdeckerhandwerk nach RTV-Dachdecker
Der Rahmentarifvertrag für das Dachdeckerhandwerk (RTV-Dachdecker) regelt verbindlich die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk. Er enthält spezielle Regelungen zu den Kündigungsfristen, die teilweise von den gesetzlichen Fristen abweichen und auf die besonderen Bedingungen dieser witterungsabhängigen Branche abgestimmt sind.
Relevante Regelungen - Dachdeckerhandwerk
Die Regelungen zu den Kündigungsfristen im RTV-Dachdecker haben den Stand 2025. In diesem Beitrag erhalten Sie einen kompakten Überblick über die besonderen Kündigungsregelungen im Dachdeckerhandwerk, saisonale Besonderheiten und wichtige Ausnahmen.
Verhältnis des Dachdecker RTV zu den gesetzlichen Kündigungsfristen
Der RTV-Dachdecker verweist grundsätzlich auf die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB, enthält jedoch auch wichtige Abweichungen, die speziell auf die Bedürfnisse der Dachdeckerbranche zugeschnitten sind.
Das Wichtigste vorab:
Der RTV-Dachdecker sieht in § 49 besondere Kündigungsfristen vor.
Grundsätzlich gelten die gesetzlichen Bestimmungen des § 622 BGB.
Am Tag der Arbeitsaufnahme und den beiden folgenden Arbeitstagen kann mit vierstündiger Frist gekündigt werden.
Bei einer Beschäftigungsdauer bis zu drei Jahren gilt eine verkürzte Kündigungsfrist von 12 Werktagen für beide Seiten.
In der Schlechtwetterzeit (1. Dezember bis 31. März) darf nicht aus Witterungsgründen gekündigt werden.
Bei Schwarzarbeit trotz schriftlicher Verwarnung kann fristlos gekündigt werden.
Für die Wirksamkeit einer Kündigung gilt das Schriftformerfordernis.
Allgemeine Kündigungsfristen nach dem RTV-Dachdecker
In § 49 des aktuellen RTV-Dachdecker sind die Kündigungsfristen geregelt. Anders als in vielen anderen Branchen gibt es hier eine besonders kurze Probefrist zu Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Grundlegende Regelung
Grundsätzlich verweist der RTV-Dachdecker auf die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB. Dies bedeutet, dass nach Ablauf der Probezeit die gesetzlichen Fristen gelten, bei denen sich die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber mit zunehmender Betriebszugehörigkeit verlängert. Hiervon gibt es aber Ausnahmen.
Besondere Anfangsregelung
Eine Besonderheit im Dachdeckerhandwerk: Am Tag der Arbeitsaufnahme und an den beiden folgenden Arbeitstagen kann das Arbeitsverhältnis beiderseitig mit einer vierstündigen Frist zum Schluss des Arbeitstages gekündigt werden. Diese kurze "Mini-Probezeit" erlaubt beiden Seiten, sich sehr schnell wieder zu trennen, falls die Zusammenarbeit offensichtlich nicht funktioniert.
Verkürzte Kündigungsfrist bis zu drei Jahren
Bei einer Beschäftigungsdauer von bis zu drei Jahren kann das Arbeitsverhältnis beiderseitig mit einer Frist von 12 Werktagen gekündigt werden. Diese verkürzte Frist gilt abweichend von den gesetzlichen Regelungen, die nach § 622 BGB normalerweise vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende betragen würden.
Welche Kündigungsfristen gelten bei längerer Betriebszugehörigkeit?
Nach mehr als drei Jahren Betriebszugehörigkeit gelten im Dachdeckerhandwerk die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB. Diese verlängern sich für den Arbeitgeber mit zunehmender Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers.
Beschäftigungsdauer
Kündigungsfrist für den Arbeitgeber
Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer
Am Tag der Arbeitsaufnahme und den beiden folgenden Arbeitstagen
4 Stunden zum Arbeitsende
4 Stunden zum Arbeitsende
Bis zu 3 Jahren
12 Werktage
12 Werktage
Ab 3 Jahren
1 Monat zum Monatsende
4 Wochen zum 15. oder Monatsende
Ab 5 Jahren
2 Monate zum Monatsende
4 Wochen zum 15. oder Monatsende
Ab 8 Jahren
3 Monate zum Monatsende
4 Wochen zum 15. oder Monatsende
Ab 10 Jahren
4 Monate zum Monatsende
4 Wochen zum 15. oder Monatsende
Ab 12 Jahren
5 Monate zum Monatsende
4 Wochen zum 15. oder Monatsende
Ab 15 Jahren
6 Monate zum Monatsende
4 Wochen zum 15. oder Monatsende
Ab 20 Jahren
7 Monate zum Monatsende
4 Wochen zum 15. oder Monatsende
Es ist wichtig zu beachten, dass die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer auch nach längerer Betriebszugehörigkeit immer bei vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats bleibt, während sich die Frist für den Arbeitgeber verlängert.
Hinweis zur Berechnung der Werktage
Als Werktage gelten alle Kalendertage, die keine Sonntage oder gesetzlichen Feiertage sind. Samstage zählen dabei als Werktage, auch wenn im Betrieb an Samstagen regulär nicht gearbeitet wird.
Saisonale Kündigungsregelungen im Dachdeckerhandwerk
Eine wichtige Besonderheit im RTV-Dachdecker ist der spezielle Schutz von Arbeitnehmern in der Schlechtwetterzeit, ähnlich wie im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe.
Kündigungsausschluss in der Schlechtwetterzeit
Der § 50 des RTV-Dachdecker enthält einen klaren Kündigungsausschluss: Das Arbeitsverhältnis kann in der Zeit vom 1. Dezember bis 31. März (Schlechtwetterzeit) nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden.
Dies ist eine bedeutende Schutzregelung für Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk, da sie während der Wintermonate nicht befürchten müssen, aufgrund schlechter Witterungsbedingungen ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Saison-Kurzarbeitergeld statt Kündigung
Als Alternative zur (ohnehin verbotenen) witterungsbedingten Kündigung können Dachdeckerbetriebe in der Schlechtwetterzeit das Saison-Kurzarbeitergeld nach § 101 SGB III nutzen. Diese Maßnahme ermöglicht es, Arbeitsverhältnisse auch bei witterungsbedingten Arbeitsausfällen aufrechtzuerhalten.
Wichtig
Auch im Dachdeckerhandwerk gilt: Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb der Drei-Wochen-Frist nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden!
Kündigung wegen Schwarzarbeit
Der RTV-Dachdecker enthält in § 51 eine spezielle Regelung zur Kündigung wegen Schwarzarbeit. Demnach kann ein Arbeitnehmer, der trotz schriftlicher Verwarnung Schwarzarbeit leistet, ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden.
Dies stellt eine Konkretisierung des wichtigen Grundes für eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 626 BGB dar. Der Tarifvertrag stellt damit klar, dass Schwarzarbeit einen erheblichen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten darstellt, der das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerstört.
Wichtig ist jedoch die vorherige schriftliche Verwarnung. Ohne diese kann nicht direkt eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden. Die Verwarnung hat also eine Warnfunktion und gibt dem Arbeitnehmer die Chance, sein Verhalten zu korrigieren.
Hinweis zum Schriftformerfordernis
Wie bei allen Kündigungen gilt auch im Dachdeckerhandwerk das Schriftformerfordernis nach § 623 BGB. Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen, die elektronische Form ist ausgeschlossen. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam.
Unterschiede zu anderen Branchen
Der RTV-Dachdecker weist einige Besonderheiten auf, die ihn von anderen Branchentarifverträgen unterscheiden:
Sehr kurze Anfangsphase: Die Möglichkeit, in den ersten drei Arbeitstagen mit nur vierstündiger Frist zu kündigen, ist außergewöhnlich und findet sich in anderen Branchen kaum.
Verkürzte Frist bis zu drei Jahre: Die Frist von 12 Werktagen bei einer Beschäftigungsdauer bis zu drei Jahren ist deutlich kürzer als die gesetzliche Regelung von vier Wochen.
Danach gesetzliche Fristen: Anders als beispielsweise im Baugewerbe, wo der BRTV-Bau eigene Fristen für längere Betriebszugehörigkeit vorsieht, verweist der RTV-Dachdecker nach drei Jahren auf die gesetzlichen Fristen.
Diese Regelungen berücksichtigen die besonderen Arbeits- und Auftragsbedingungen im Dachdeckerhandwerk, das stark von der Witterung abhängig ist und oft projektbezogene Beschäftigungen aufweist.
Vergleich der Kündigungsfristen RTV-Dachdecker und Gesetz
Nachfolgend erhalten Sie eine Gegenüberstellung der tariflichen Regelungen nach dem RTV-Dachdecker und den gesetzlichen Regelungen nach § 622 BGB.
Beschäftigungsdauer
RTV-Dachdecker (Tarifvertrag)
§ 622 BGB (gesetzlich)
Erste 3 Arbeitstage
4 Stunden zum Arbeitsende
Keine spezielle Regelung
Bis 3 Jahre
12 Werktage
4 Wochen zum 15. oder zum Monatsende
Ab 3 Jahren
Gesetzliche Fristen
1 Monat zum Monatsende
Ab 5 Jahren
Gesetzliche Fristen
2 Monate zum Monatsende
Ab 8 Jahren
Gesetzliche Fristen
3 Monate zum Monatsende
Ab 10 Jahren
Gesetzliche Fristen
4 Monate zum Monatsende
Ab 12 Jahren
Gesetzliche Fristen
5 Monate zum Monatsende
Ab 15 Jahren
Gesetzliche Fristen
6 Monate zum Monatsende
Ab 20 Jahren
Gesetzliche Fristen
7 Monate zum Monatsende
§§ 49-51 RTV-Dachdecker
§ 49 RTV-Dachdecker - Kündigungsfristen
Es gelten die gesetzlichen Bestimmungen des § 622 BGB.
Davon abweichend kann das Arbeitsverhältnis am Tag der Arbeitsaufnahme und an den beiden folgenden Arbeitstagen beiderseitig mit einer vierstündigen Frist zum Schluss des Arbeitstages gekündigt werden.
Darüber hinaus kann das Arbeitsverhältnis bis zu einer Beschäftigungsdauer von drei Jahren beiderseitig mit einer Frist von 12 Werktagen gekündigt werden.
§ 50 RTV-Dachdecker - Kündigung wegen ungünstiger Witterung
Das Arbeitsverhältnis kann in der Zeit vom 01. Dezember bis 31. März (Schlechtwetterzeit) nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden.
§ 51 RTV-Dachdecker - Kündigung wegen Schwarzarbeit
Ein Arbeitnehmer, der trotz schriftlicher Verwarnung Schwarzarbeit leistet, kann ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden.
Außerordentliche (fristlose) Kündigung im Dachdeckerhandwerk
Neben den regulären Kündigungsfristen können Arbeitsverhältnisse im Dachdeckerhandwerk unter bestimmten Umständen auch außerordentlich gekündigt werden. Die Fristlose Kündigung ist eine Ausnahme vom Grundsatz der Einhaltung von Kündigungsfristen und setzt einen "wichtigen Grund" im Sinne des § 626 BGB voraus.
Wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Besonderheiten im RTV-Dachdecker
Der RTV-Dachdecker konkretisiert mit der Regelung in § 51 zur Schwarzarbeit einen solchen wichtigen Grund. Darüber hinaus können auch andere schwerwiegende Pflichtverletzungen eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wie beispielsweise:
Wiederholtes unentschuldigtes Fehlen
Arbeitsverweigerung
Erhebliche Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften (besonders relevant bei der gefährlichen Arbeit auf Dächern)
Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis
Vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung des Arbeitgebers
Frist zur Erklärung einer außerordentlichen Kündigung
Eine außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat (§ 626 Abs. 2 BGB). Nach Ablauf dieser Frist ist eine fristlose Kündigung aus diesem Grund nicht mehr möglich, und es müssen die regulären Kündigungsfristen eingehalten werden.
Formelle Anforderungen
Auch für die außerordentliche Kündigung gilt das Schriftformerfordernis nach § 623 BGB. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und den Kündigungsgrund sollte konkret benannt werden, um dem Gekündigten die Möglichkeit zu geben, sich im Rahmen einer eventuellen Kündigungsschutzklage darauf einzustellen.
Rechtschutz für Arbeitnehmer
Arbeitnehmer, die eine fristlose Kündigung erhalten, können innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Die Klage kann sich sowohl gegen die außerordentliche Kündigung als auch gegen eine eventuell hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung richten.
FAQ zu den Kündigungsfristen nach dem RTV-Dachdecker
Welche Kündigungsfristen gelten im Dachdeckerhandwerk?
Nach dem RTV-Dachdecker gelten unterschiedliche Kündigungsfristen je nach Beschäftigungsdauer:
- Am ersten Tag der Arbeitsaufnahme und den beiden folgenden Arbeitstagen: beiderseitig 4 Stunden zum Arbeitsende
- Bis zu 3 Jahren Beschäftigung: beiderseitig 12 Werktage
- Ab 3 Jahren Beschäftigung: die gesetzlichen Fristen nach § 622 BGB (für Arbeitgeber steigend von 1 bis 7 Monaten)
Was ist das Besondere an den Kündigungsfristen in der Dachdeckerbranche?
Die Besonderheiten sind:
1. Die sehr kurze "Mini-Probezeit" von drei Arbeitstagen mit nur vierstündiger Kündigungsfrist
2. Die verkürzte Kündigungsfrist von 12 Werktagen für die ersten drei Beschäftigungsjahre
3. Der besondere Kündigungsschutz in der Schlechtwetterzeit (1. Dezember bis 31. März)
Darf ein Dachdecker im Winter gekündigt werden?
In der Schlechtwetterzeit (1. Dezember bis 31. März) ist eine Kündigung aus witterungsbedingten Gründen nach § 50 RTV-Dachdecker ausdrücklich verboten. Dies schützt Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk vor saisonbedingten Entlassungen. Kündigungen aus anderen Gründen (personen- oder verhaltensbedingt) sind jedoch weiterhin möglich, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Wie werden die 12 Werktage Kündigungsfrist berechnet?
Als Werktage gelten alle Kalendertage, die keine Sonntage oder gesetzlichen Feiertage sind. Samstage zählen als Werktage, auch wenn im Betrieb an Samstagen üblicherweise nicht gearbeitet wird. Die 12-Werktage-Frist beginnt mit dem Zugang der Kündigung und endet nach Ablauf des zwölften Werktages.
Was passiert bei Schwarzarbeit im Dachdeckerhandwerk?
Der RTV-Dachdecker enthält in § 51 eine spezielle Regelung: Ein Arbeitnehmer, der trotz schriftlicher Verwarnung Schwarzarbeit leistet, kann ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Wichtig ist, dass zunächst eine schriftliche Verwarnung erfolgen muss, bevor eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden darf.
Gelten für Auszubildende im Dachdeckerhandwerk die gleichen Kündigungsfristen?
Nein, für Auszubildende gelten die besonderen Kündigungsfristen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Während der Probezeit, die zwischen einem und maximal vier Monaten dauern kann, kann das Ausbildungsverhältnis ohne Frist gekündigt werden. Nach der Probezeit kann der Ausbildungsbetrieb nur aus wichtigem Grund fristlos kündigen, während Auszubildende mit einer Frist von vier Wochen kündigen können.
Kann man die Kündigungsfristen im Arbeitsvertrag abweichend vom RTV-Dachdecker vereinbaren?
Grundsätzlich gilt: Tarifvertragliche Regelungen haben Vorrang vor arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, wenn sie günstiger für den Arbeitnehmer sind. Längere Kündigungsfristen als im Tarifvertrag vorgesehen können im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Kürzere Kündigungsfristen sind jedoch unwirksam, wenn sie die tariflichen Mindeststandards unterschreiten. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, aber der Tarifvertrag allgemeinverbindlich erklärt wurde.