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Abkehrwille des Arbeitnehmers – Überblick

Abkehrwille

In meinem Lexikon zu den Kündigungsgründen geht es heute um den sog. Abkehrwillen des Arbeitnehmers.

Arbeitgeberkündigung bei Abkehrwillen des Arbeitnehmers

Nachfolgend wird dargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Absicht eines Arbeitnehmers, das Arbeitsverhältnis zu beenden und sich selbständig zu machen oder eine andere Stelle anzutreten („Abkehrwille"), für den Arbeitgeber eine Kündigung rechtfertigen kann.


Übersicht über Kündigungsmöglichkeiten des Arbeitgebers

flowchart TD A[Abkehrwille des Arbeitnehmers] --> B{Konkrete Pflichtverletzung?} B -->|Nein| C[Keine Kündigung möglich] B -->|Ja - Leicht| D[Abmahnung erforderlich] B -->|Ja - Mittel| E[Ordentliche Kündigung] B -->|Ja - Schwer| F[Fristlose Kündigung] D --> G[Kündigungsschutzklage möglich] E --> G F --> G

das Wichtigste vorab

  • Der bloße Abkehrwille stellt in der Regel keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar, solange vertragliche Pflichten erfüllt werden.
  • Eine Kündigung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn konkrete Handlungen (z. B. Tätigkeit für Konkurrenz, aktive Abwerbung) das Vertrauensverhältnis nachhaltig beeinträchtigen.
  • Wegen des Schriftformerfordernisses (§ 623 BGB) führt der Abkehrwille auch nicht zur Verwirkung des Kündigungsschutzes.
  • Zu beachten sind vertragliche Wettbewerbsverbote und Verschwiegenheitspflichten.

Grundsatz: Abkehrwille allein ist unschädlich

Die berufliche Neuorientierung – einschließlich der Absicht, sich selbständig zu machen oder zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln – fällt in den Schutzbereich der beruflichen Freiheit (Art. 12 GG).

Arbeitsleistung

Solange Arbeitsleistungen ordnungsgemäß erbracht werden, darf dem Arbeitnehmer in der Regel nicht vorgeworfen werden, dass er sich beruflich umorientiert.

Wille zum Arbeitgeberwechsel

Der einfache Abkehrwille allein begründet weder einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB für eine außerordentliche Kündigung, noch eine ordentliche Kündigung.

Kein Verlust des Kündigungsschutzes durch Abkehrwille

Das Schriftformerfordernis für Kündigungen (§ 623 BGB) bewirkt, dass allein die innere Absicht des Arbeitnehmers nicht zur Verwirkung des allgemeinen Kündigungsschutzes führen kann. Eine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses setzt eine schriftliche Erklärung voraus; der bloße Wille reicht hierfür nicht aus.

Wann wird Abkehrwille kündigungsrelevant?

Die Belange des Arbeitgebers können betroffen sein, wenn der Arbeitnehmer:

  • für ein Konkurrenzunternehmen tätig wird oder tätig werden will,
  • bereits konkrete Beziehungen zu einem neuen Arbeitgeber aufgebaut hat, der Inhaber eines Konkurrenzunternehmens ist,
  • aktiv Kunden oder Mitarbeiter abwirbt,
  • andere Beschäftigte zum Vertragsbruch (Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist) zu bewegen versucht,
  • Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse weitergibt oder nutzt,
  • seine vertraglichen Pflichten zugunsten der neuen Tätigkeit vernachlässigt.

In solchen Fällen kann – je nach Schwere und Konkretisierung des Verhaltens – eine ordentliche oder in besonders gravierenden Fällen eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein.

fristlose Kündigung nur äußerst selten möglich

Für eine fristlose Kündigung ist zusätzlich die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist erforderlich. Dies ist sehr selten der Fall. Der Praxis spielt die außerordentliche Kündigung in solchen Fällen kaum eine Rolle. In solchen Fällen ist dem Arbeitnehmer fast immer zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu raten.

Abwerbung anderer Mitarbeiter

Ein komplett anderer Fall liegt vor, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in Zukunft wechseln will und sodann im Betrieb versucht andere Arbeitnehmer ebenfalls zum Arbeitgeberwechsel zu bewegen.

Abwerben von Mitarbeitern

Versucht ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Vorbereitung des eigenen Ausscheidens, andere Mitarbeiter abzuwerben, ist dies für sich allein regelmäßig noch nicht kündigungsrelevant (BAG, Urteil vom 22.11.1965 – 3 AZR 130/65).

Verleitung zum Vertragsbruch

Kündigungsrelevant wird das Verhalten erst dann, wenn der Arbeitnehmer andere Beschäftigte zum Vertragsbruch – also zur Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist – zu bewegen versucht. In diesem Fall liegt eine erhebliche Pflichtverletzung vor, die eine Kündigung rechtfertigen kann.

Konkrete Beziehungen zu Konkurrenzunternehmen

Während der bloße Abkehrwille im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG für sich allein nicht kündigungsrelevant ist, kann die Situation anders zu bewerten sein, wenn der Arbeitnehmer bereits konkrete Beziehungen zu einem neuen Arbeitgeber aufgebaut hat, der Inhaber eines Konkurrenzunternehmens ist.

Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot

Entscheidend ist dabei das Ausmaß und die Intensität dieser Beziehungen sowie die Frage, ob bereits Vorbereitungshandlungen getroffen wurden, die die Interessen des aktuellen Arbeitgebers unmittelbar berühren. Zur Absicherung vertraglicher Pflichten kann eine Wettbewerbsklausel im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Wichtig ist dabei aber, dass auch ohne Klausel während dews Arbeitsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot gesetzlich existiert.

nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nur dann, wenn dieses wirksam vereinbart wurde.

Sanktionen und Rechtsfolgen bei Abwerbung

Je nach Sachlage können gegen den abgeworbenen Arbeitnehmer Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche wegen Verletzung der arbeitsvertraglichen Treuepflicht geltend gemacht werden. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten. Ein Vertragsbruch - also die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist - kann schadensersatzpflichtig machen. Allerdings ist ein solcher Schaden dann vom Arbeitgeber nachzuweisen, was nicht immer einfach ist.

Vertragsstrafevereinbarungen

Arbeitgeber können zur Sanktionierung bereits im Arbeitsvertrag Vertragsstrafen für Verstöße gegen Wettbewerbsverbote, Verschwiegenheitspflichten oder vertragswidrige Beendigungen vorsehen. Aber solche Klauseln müssen sehr sorgfältig formuliert sein und können einen pauschalen Schadenersatz auch nur in begrenzter Höhe auslösen. Ein weiterer Schaden muss dargelegt und notfalls dann vor dem Arbeitsgericht nachgewiesen werden.

Verleitung zum Vertragsbruch

Ein neu abgeschlossener Arbeitsvertrag mit dem abwerbenden Arbeitgeber kann gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn sich der Arbeitnehmer bewusst zu einem Vertragsbruch verleiten lässt. In diesem Fall besteht kein Beschäftigungsanspruch; für bereits erbrachte Leistungen gelten die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses.

Betriebsbedingte Kündigung bei Abkehrwille

Hat der Arbeitnehmer seinen Abkehrwillen deutlich erklärt und liegt zwischen dem Beginn der neuen Tätigkeit und der Aufgabe der alten noch ein längerer Zeitraum, kann der Arbeitgeber - unter Umständen - betriebsbedingt kündigen.

schwer zu wiederzubesetzende Arbeitsstelle

Dies ist insbesondere bei schwer wiederzubesetzenden Stellen möglich, wenn aktuell eine qualifizierte Ersatzkraft verfügbar ist. Bei ernsthaftem Abkehrwillen ist eine Sozialauswahl regelmäßig nicht erforderlich. Zum ordnungsgemäßen Vorgehen kann ein Muster Kündigungsschreiben Arbeitgeber als Orientierung dienen.

Verhaltensbedingte und außerordentliche Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn der Arbeitnehmer pflichtwidrig handelt und der Kündigungsgrund aus seiner Sphäre stammt. Der bloße Wille den Arbeitgeber zu wechseln, rechtfertigt eine solche Kündigung nicht, denn dies ist keine Pflichtverletzung.

Abmahnung

Grundsätzlich ist - wenn eine Pflichtverletzung vorliegt - eine vorherige Abmahnung erforderlich. Bei wiederholten Pflichtverletzunge, wie Verspätungen kann eine Abmahnung wegen Verspätung ausgesprochen werden.

außerordentliche und fristlose Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung ist nur in besonders schwerwiegenden Fällen zulässig, etwa wenn:

  • der Arbeitnehmer sich zum Vertragsbruch verleiten ließ,
  • die Abwerbung unter wettbewerbswidrigen Umständen erfolgte,
  • der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht behaarlich nicht mehr nachkommt,
  • gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot verstoßen wird,
  • bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den neuen Arbeitgeber gearbeitet oder Informationen abgezogen werden.

In solchen Fällen kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar sein.

Übersicht: Wann ist Abkehrwille kündigungsrelevant?

VerhaltenKündigungsrelevanzKündigungsartAbmahnung erforderlich?
Bloße Absicht zur beruflichen NeuorientierungNein
Bewerbung bei anderen ArbeitgebernIn der Regel nein
Konkrete Beziehungen zu KonkurrenzunternehmenMöglichOrdentlich/verhaltensbedingtJa (i.d.R.)
Abwerbung anderer MitarbeiterIn der Regel nein
Anstiftung zum VertragsbruchJaOrdentlich/außerordentlichGgf. nein bei schweren Fällen
Verstoß gegen WettbewerbsverbotJaOrdentlich/außerordentlichGgf. nein bei schweren Fällen
Verletzung der VerschwiegenheitspflichtJaOrdentlich/außerordentlichGgf. nein bei schweren Fällen
Tätigkeit für neuen Arbeitgeber vor BeendigungJaAußerordentlichNein
Vernachlässigung der ArbeitspflichtenJaVerhaltensbedingtJa
Weitergabe von GeschäftsgeheimnissenJaAußerordentlichNein
Eigenkündigung mit längerer FristNur in AusnahmefällenBetriebsbedingt

Praktische Hinweise

  • Sachverhalt dokumentieren: Zeitpunkt, konkrete Handlungen, etwaige Mitteilungen oder Angebote Dritter.
  • Vor Abmahnung prüfen: Bei weniger gravierenden Pflichtverletzungen ist in der Regel eine Abmahnung erforderlich.
  • Vertragsklauseln prüfen: Wettbewerbs- und Verschwiegenheitsregelungen sowie Vertragsstrafenklauseln können die Rechtslage entscheidend verändern.
  • Beratung einholen: Vor Ausspruch einer Kündigung oder Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen empfiehlt sich rechtliche Prüfung, um Risiken von Unwirksamkeit oder Prozessniederlagen zu minimieren.

Zusammenfassung

Der bloße Wille zur beruflichen Neuorientierung oder zur Selbständigkeit rechtfertigt keine Kündigung.

Abmahnung oder andere Sanktion

Eine arbeitsrechtliche Sanktion kommt nur bei konkreten, dokumentierbaren Handlungen in Betracht, die die Belange des Arbeitgebers unmittelbar berühren – insbesondere bei Tätigkeiten für Konkurrenzunternehmen oder bei Pflichtverletzungen.

bei Kündigung - Kündigungsschutzklage einreichen

Eine differenzierte Einzelfallprüfung bleibt erforderlich. Bei Unsicherheiten sollte zeitnah eine Kündigungsschutzklage geprüft werden.

Urteil - Eigenkündigung rechtfertigt keine Arbeitgeberkündigung wegen Abkehrwillen

Urteil Abkehrwille

Das Arbeitsgericht Siegen (Urt. v. 17.07.2019 – 3 Ca 500/19) entschied, dass der Ausspruch einer Eigenkündigung durch einen Arbeitnehmer – auch mit längerer als der vertraglich vorgesehenen Kündigungsfrist – ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine vorzeitige Kündigung des Arbeitgebers wegen des darin zum Ausdruck kommenden Abkehrwillens rechtfertigt.

Sachverhalt:

Der Arbeitnehmer war Leiter eines dreiköpfigen Teams „Steuerungstechnische Hardwareplanung". Mit Schreiben vom 22.01.2019 kündigte er sein Arbeitsverhältnis zum 15.04.2019. Wenige Tage zuvor hatte er seinen Vorgesetzten über die Kündigungsabsicht und eine anstehende Kur informiert. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin ihrerseits das Arbeitsverhältnis mit kürzestmöglicher Frist zum 28.02.2019, begründet mit dem in der Eigenkündigung zum Ausdruck gekommenen Abkehrwillen und der vorzeitigen internen Stellenbesetzung.

Entscheidung des Gerichts:

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Die Kündigung war sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG. Ein Abkehrwille kann nur ausnahmsweise eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen – etwa wenn Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung zu erwarten sind und eine vorzeitige Ersatzkraft gefunden wird, die bei Abwarten möglicherweise nicht mehr verfügbar wäre (BAG, Urt. v. 22.10.1964 – 5 AZR 515/63).

Keine Rechtfertigung im konkreten Fall:

  • Die Stelle konnte intern besetzt werden; es musste nicht am Arbeitsmarkt gesucht werden.
  • Der Ausscheidenszeitpunkt war klar bekannt.
  • Die vom Arbeitnehmer gewählte längere Kündigungsfrist begründete keine Notwendigkeit vorzeitiger Neubesetzung.
  • Die bevorstehende Kur stellte nichts Außergewöhnliches dar und rechtfertigte keine Kündigung.

Konsequenzen:

Die Entscheidung steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung. Arbeitgeberseitige Kündigungen wegen bloßem Abkehrwillen unterliegen sehr strengen Voraussetzungen. Berater sollten auf diese hohen Anforderungen hinweisen, um unnötige Kosten zu vermeiden.

anwaltliche Beratung in Berlin

Bei Fragen zur Wirksamkeit einer Kündigung wegen Abkehrwille oder zur Durchsetzung von Ansprüchen wird zur zeitnahen Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin geraten.

persönliche Beratung für Mandanten aus angrenzenden Bezirken

Für persönliche Beratung werden folgende Bezirke angeboten: Arbeitsrecht Prenzlauer Berg | Arbeitsrecht Friedrichshain | Arbeitsrecht Lichtenberg | Arbeitsrecht Weißensee | Arbeitsrecht Pankow

FAQ zum Kündigungsgrund - Abkehrwille des Arbeitnehmers

Wann wird der Abkehrwille des Arbeitnehmers kündigungsrelevant?

Nur in engen Ausnahmefällen: wenn der Wille durch konkrete Handlungen (z. B. aktive Abwerbung, verbindliches Angebot, deutliche Vorbereitungshandlungen) konkretisiert ist, dadurch erhebliche betriebliche Nachteile drohen oder der Arbeitnehmer seine vertraglichen Pflichten vernachlässigt.

Reicht eine Bewerbung bei einem Wettbewerber für eine Kündigung aus?

Allein Bewerbungen sind regelmäßig unschädlich. Problematisch wird es bei werbenden oder vorbereitenden Maßnahmen, Verletzung von Verschwiegenheitspflichten oder bei Tätigkeiten, die dem Arbeitgeber unmittelbar schaden.

Kann wegen Abkehrwille fristlos gekündigt werden?

Fristlose Kündigung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Es muss die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist vorliegen und die Voraussetzungen des § 626 BGB erfüllt sein.

Welche Bedeutung haben Wettbewerbs- oder Konkurrenzverbote?

Vertragliche Wettbewerbs- oder Werbeverbote verschärfen die Beurteilung. Verstöße dagegen sind leichter als Pflichtverletzung darstellbar und erhöhen die Aussicht auf eine wirksame Kündigung.

Was sollte der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung beachten?

Sachverhalt sorgfältig dokumentieren, mögliche Abmahnungen prüfen, Nachweise sammeln und Vertragsklauseln (Wettbewerb, Verschwiegenheit) kontrollieren. Vor Kündigung ist eine rechtliche Prüfung empfohlen, um Prozessrisiken zu minimieren.

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