Was sind Überstunden im rechtlichen Sinne?
Überstunden sind Arbeitszeiten, die über die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen. Maßgeblich ist die im Arbeitsvertrag festgelegte Wochenarbeitszeit. Hat ein Arbeitnehmer beispielsweise 38 Wochenstunden vereinbart und arbeitet 42 Stunden, leistet er vier Überstunden – unabhängig davon, ob die gesetzliche Höchstarbeitszeit überschritten wird.
Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Mehrarbeit?
Überstunden beziehen sich auf die Überschreitung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit, während Mehrarbeit die Überschreitung der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) bezeichnet – in der Regel mehr als acht Stunden werktäglich bzw. 48 Wochenstunden im Durchschnitt. Die Begriffe werden in der Praxis oft synonym verwendet, rechtlich sind sie jedoch zu unterscheiden.
Müssen Überstunden immer vergütet werden?
Nein, nicht automatisch. Ein Vergütungsanspruch besteht nur, wenn die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, geduldet oder gebilligt wurden und keine wirksame vertragliche Abgeltungsregelung besteht. Die bloße Kenntnis des Arbeitgebers von Überstunden reicht nicht aus. Bei leitenden Angestellten können Überstunden im Rahmen ihres Aufgabenkreises mit der vereinbarten Vergütung abgegolten sein.
Was gilt für Pauschalabgeltungsklauseln im Arbeitsvertrag?
Pauschalabgeltungsklauseln wie 'Mit dem Gehalt sind Überstunden abgegolten' unterliegen einer strengen Inhaltskontrolle. Sie sind nach der Rechtsprechung des BAG unwirksam, wenn sich der Umfang der abzugeltenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Vertrag ergibt (Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Wirksam sind Klauseln, die die Anzahl konkret benennen, z.B. 'Die ersten 10 Überstunden im Monat sind mit der Vergütung abgegolten'.
Steht mir ein Überstundenzuschlag zu?
Ein Überstundenzuschlag (z.B. 25% auf den normalen Stundenlohn) ist nur geschuldet, wenn dies im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vereinbart ist. Ohne besondere Rechtsgrundlage besteht nur Anspruch auf die normale Grundvergütung für die geleisteten Überstunden. Auch bei Freizeitausgleich ist ein Zuschlag nicht automatisch geschuldet.
Kann der Arbeitgeber Überstunden einfach anordnen?
Nein, das Recht zur Anordnung von Überstunden folgt nicht automatisch aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Voraussetzung ist eine ausdrückliche Verpflichtung des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung zur Leistung von Überstunden. Fehlt eine solche Regelung, muss der Arbeitnehmer Überstunden nicht leisten.
Wie weise ich geleistete Überstunden nach?
Wer Überstundenvergütung einklagt, muss genau darlegen, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten Überstunden geleistet wurden und dass diese vom Arbeitgeber angeordnet, geduldet oder gebilligt wurden. Eine genaue Auflistung ist erforderlich. Hilfreich sind eigene Aufzeichnungen, vom Arbeitgeber abgezeichnete Dienstpläne oder Zeiterfassungssysteme. Steht die Leistung von Überstunden fest, kann das Gericht den Umfang nach § 287 ZPO schätzen.
Gilt der Mindestlohn auch für Überstunden?
Ja, seit Einführung des Mindestlohngesetzes muss die monatliche Vergütung im Hinblick auf die tatsächlich geleisteten Stunden – einschließlich Überstunden – im Durchschnitt den gesetzlichen Mindestlohn nicht unterschreiten. Pauschalabgeltungsklauseln sind unwirksam, soweit durch die Abgeltung der Mindestlohnanspruch pro Zeitstunde im Abrechnungszeitraum unterschritten wird.
Können schwerbehinderte Arbeitnehmer Überstunden verweigern?
Schwerbehinderte Arbeitnehmer können nach § 207 SGB IX verlangen, von Mehrarbeit freigestellt zu werden. Mehrarbeit im Sinne dieser Vorschrift ist die werktägliche Arbeitszeit über acht Stunden nach dem Arbeitszeitgesetz hinaus – einschließlich Bereitschaftsdiensten. Das Verlangen bewirkt unmittelbar die Freistellung, einer besonderen Erklärung des Arbeitgebers bedarf es nicht.
Was ist bei Teilzeitbeschäftigten zu beachten?
Bei Teilzeitbeschäftigten ist zu beachten, dass Überstundenzuschläge proportional zur vereinbarten Arbeitszeit berechnet werden müssen. Eine Regelung, nach der Zuschläge erst ab derselben Stundenzahl wie bei Vollzeitbeschäftigten anfallen (z.B. erst ab 40 Stunden), verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und ist diskriminierend. Die Grenze muss anteilig berechnet werden.
Verfallen Überstundenansprüche?
Ja, Überstundenansprüche können durch Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag verfallen. Üblicherweise müssen Ansprüche innerhalb von drei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, andernfalls verfallen sie. Bei vom Arbeitgeber abgezeichneten Dienstplänen mit ausgewiesenen Überstunden wird der Anspruch jedoch streitlos gestellt, sodass keine Ausschlussfrist gilt. Die rechtzeitige Geltendmachung ist daher wichtig.
Habe ich Anspruch auf Auskunft über meine Arbeitszeiten?
Bei Straßenverkehrstätigkeiten hat der Arbeitnehmer nach § 21a Abs. 7 ArbZG Anspruch auf Kopien der Arbeitszeitaufzeichnungen. Allgemein kann bei vom Arbeitgeber veranlassten Stundenaufzeichnungen im Rahmen einer Stufenklage ein Auskunftsanspruch bestehen, wenn der Arbeitnehmer diese Auskunft benötigt, um seine Überstundenklage zu beziffern. Die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung nach dem EuGH-Urteil ändert an der Darlegungslast im Vergütungsprozess jedoch nichts.