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Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis – Besonderer Kündigungsschutz und weitere Rechte

Schwerbehinderung im Arbeitsrecht – Besonderer Kündigungsschutz

Arbeitsrecht von A bis Z beschäftigt sich heute mit dem Thema Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis, insbesondere mit dem besonderen Kündigungsschutz.

Menschen mit Schwerbehinderung genießen im Arbeitsleben besondere Schutzrechte und Nachteilsausgleiche. Der besondere Kündigungsschutz ist dabei eines der wichtigsten Rechte. Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX, §§ 151 ff.).

Was ist eine Schwerbehinderung im rechtlichen Sinne?

Eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn bei einem Menschen ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde. Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 können unter bestimmten Voraussetzungen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. Dies muss beantragt werden.

Nach der gesetzlichen Definition sind Menschen mit Behinderung solche, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.

Feststellung der Schwerbehinderung

Die Anerkennung einer Schwerbehinderung erfolgt auf Antrag durch das Versorgungsamt oder eine andere zuständige Behörde. Mit der Anerkennung wird ein Schwerbehindertenausweis ausgestellt. Rechtlich entscheidend ist jedoch das tatsächliche Vorliegen der Schwerbehinderung, nicht der formale Verwaltungsakt der Anerkennung.

Besonderer Kündigungsschutz bei Schwerbehinderung

Für schwerbehinderte und gleichgestellte Arbeitnehmer gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Dieser greift zusätzlich zum allgemeinen Kündigungsschutz und ist im § 168 SGB IX geregelt.

Ablauf des Zustimmungsverfahrens und Fristen

Zustimmung des Integrationsamts erforderlich

Vor jeder Kündigung eines schwerbehinderten Menschen muss der Arbeitgeber die vorherige Zustimmung des Integrationsamts einholen. Dies gilt sowohl für ordentliche als auch für außerordentliche (fristlose) Kündigungen sowie für Änderungskündigungen. Wird eine Kündigung ohne die erforderliche Zustimmung ausgesprochen, ist sie unwirksam – und zwar unabhängig davon, ob dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung bekannt war oder nicht. Für Arbeitgeber gibt es dazu auch eine spezielle Vorlage für eine Arbeitgeberkündigung mit Abfindungsangebot, die entsprechend angepasst werden muss, wenn ein schwerbehinderter Arbeitnehmer betroffen ist.

Das Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt

Das Integrationsamt prüft in einem mehrstufigen Verfahren, ob die Kündigung gerechtfertigt ist:

  1. Der Arbeitgeber stellt einen schriftlichen Antrag beim Integrationsamt
  2. Das Integrationsamt holt Stellungnahmen ein (Arbeitnehmer, Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung)
  3. Oft erfolgt ein Erörterungstermin mit allen Beteiligten
  4. Das Integrationsamt entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen

Die Entscheidung berücksichtigt sowohl die berechtigten Interessen des Arbeitgebers als auch den besonderen Schutz des schwerbehinderten Menschen.

Fristen

Nach Erhalt der Zustimmung muss der Arbeitgeber die Kündigung innerhalb bestimmter Fristen aussprechen. Bei einer ordentlichen Kündigung beträgt diese Frist einen Monat nach Zustellung der Zustimmung, während bei einer außerordentlichen Kündigung die Kündigung unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erfolgen muss. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt bei schwerbehinderten Menschen mindestens vier Wochen.

Mitteilungspflicht bei Schwerbehinderung

Wann muss die Schwerbehinderung dem Arbeitgeber mitgeteilt werden?

Generelle Pflicht

Nein, es besteht keine generelle Pflicht, den Arbeitgeber über eine bestehende Schwerbehinderung (Grad der Behinderung GdB ≥ 50) oder Gleichstellung zu informieren.

Pflicht bei Einschränkung

Nur wenn die Behinderung die Ausübung der Tätigkeit wesentlich beeinträchtigt oder eine Gefährdung (für Sie selbst oder andere) besteht, kann eine Mitteilungspflicht bestehen (unabhängig davon, ob es eine Schwerbehinderung ist).

Nutzung von Nachteilsausgleichen

Ja, Sie müssen informieren, wenn Sie bestimmte Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen wollen. Dazu gehören der Zusatzurlaub (fünf Arbeitstage) und die Freistellung von Mehrarbeit (Überstunden).

Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz gilt objektiv (das Integrationsamt muss zustimmen), aber: Wenn Ihnen gekündigt wird und der Arbeitgeber keine Kenntnis von Ihrer Schwerbehinderung hatte, müssen Sie ihn spätestens innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung informieren, um den Schutz wirksam geltend zu machen.

Ausnahmen vom besonderen Kündigungsschutz

Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen gilt nicht uneingeschränkt. In bestimmten Fällen besteht kein Zustimmungserfordernis des Integrationsamts:

Keine Zustimmung erforderlich in diesen Fällen

  1. Während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX)
  2. Bei Kündigungen wegen Betriebsstilllegung, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (§ 172 Abs. 1 SGB IX)
  3. In Kleinbetrieben mit weniger als fünf (bzw. zehn vor 1998 eingestellten) Arbeitnehmern, wenn der schwerbehinderte Mensch weniger als 5 Jahre beschäftigt ist

Besonderheiten bei außerordentlichen Kündigungen

Bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung gilt ein vereinfachtes Verfahren. Das Integrationsamt muss innerhalb von zwei Wochen über den Antrag entscheiden, und bei fehlender Entscheidung innerhalb dieser Frist gilt die Zustimmung als erteilt. Die Prüfungsdichte ist geringer als bei ordentlichen Kündigungen. Bei einer fristlosen Kündigung kann für Arbeitgeber das Muster für eine fristlose, außerordentliche Arbeitgeberkündigung als Orientierung dienen, muss aber an die Besonderheiten bei schwerbehinderten Mitarbeitern angepasst werden.

Hinweis:

Das Integrationsamt stimmt sehr oft den Kündigungen - egal, ob ordentlich oder außerordentlich - zu. Es soll nur sicherstellen, dass nicht aufgrund der Behinderung gekündigt wird.

Wichtig:

Trotz dieser Ausnahmen bleibt der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unberührt, sofern dessen Voraussetzungen erfüllt sind.

Tipp

Schwerbehinderte Arbeitnehmer sollten bei einer Kündigung unverzüglich prüfen, ob die Zustimmung des Integrationsamts eingeholt wurde. Liegt keine Zustimmung vor, ist die Kündigung unwirksan. Die Klagefrist von drei Wochen für die Kündigungsschutzklage muss dennoch eingehalten werden! Bei Bedarf sollte eine Kündigungsschutzklage - hier ein Muster für die Klage- eingereicht werden.

Arbeitgeber sollten vor einer beabsichtigten Kündigung immer prüfen, ob beim betreffenden Arbeitnehmer eine Schwerbehinderung vorliegt oder beantragt wurde.

Präventionsverfahren und betriebliches Eingliederungsmanagement

Schwerbehinderung
Das SGB IX sieht präventive Maßnahmen vor, um das Arbeitsverhältnis schwerbehinderter Menschen zu sichern:

Allgemeines Präventionsverfahren

Nach § 167 Abs. 1 SGB IX muss der Arbeitgeber bei auftretenden personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten, die das Arbeitsverhältnis gefährden könnten, frühzeitig tätig werden. Dies umfasst die Einschaltung der Schwerbehindertenvertretung, die Beteiligung des Betriebsrats und die Information des Integrationsamts. Ziel ist die Erörterung aller Möglichkeiten und Hilfen, um die Schwierigkeiten zu beseitigen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Das Unterlassen dieses Verfahrens macht eine Kündigung zwar nicht automatisch unwirksam, wird aber bei der Bewertung des Kündigungsgrundes berücksichtigt, wenn das Verfahren erfolgversprechend gewesen wäre.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Für alle Beschäftigten (nicht nur schwerbehinderte) ist ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 167 Abs. 2 SGB IX durchzuführen, wenn sie innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Dies gilt besonders für Fälle, bei denen auch eine Krankschreibung am Ende des Arbeitsverhältnisses vorliegt.

Das BEM konkretisiert das Ultima-Ratio-Prinzip im Kündigungsschutz. Bei schwerbehinderten Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung zusätzlich einzubeziehen. Ein nicht durchgeführtes BEM führt zu einer erhöhten Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess.

Kündigung ohne BEM

Wird ohne BEM gekündigt, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement überflüssig war, was sehr schwierig ist.

Hinweis

Die Schwerbehinderung muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits anerkannt sein oder der Antrag auf Anerkennung muss mindestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung gestellt worden sein. Im letztgenannten Fall wirkt die spätere Anerkennung auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück.

Weitere Schutzrechte und Nachteilsausgleiche für schwerbehinderte Beschäftigte

Neben dem besonderen Kündigungsschutz genießen schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben weitere Rechte und Nachteilsausgleiche:

Zusatzurlaub

Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben Anspruch auf bezahlten Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen im Jahr (§ 208 SGB IX). Bei Teilzeitbeschäftigung oder unterjährigem Beginn/Ende des Arbeitsverhältnisses wird der Zusatzurlaub anteilig gewährt. Mehr Details zu den rechtlichen Grundlagen finden Sie in unserem separaten Artikel zum Zusatzurlaub.

Arbeitszeit und Mehrarbeit

Schwerbehinderte Menschen haben das Recht, auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freigestellt zu werden (§ 207 SGB IX). Zudem besteht ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist (§ 164 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX).

Anspruch auf behinderungsgerechten Arbeitsplatz

Arbeitgeber sind verpflichtet, den Arbeitsplatz behinderungsgerecht einzurichten und auszustatten, soweit dies nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist (§ 164 Abs. 4 SGB IX). Dies umfasst die behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsstätten, die Anpassung von Betriebsanlagen und die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse bei der Arbeitsorganisation. Schwerbehinderte Menschen haben einen rechtlichen Anspruch auf Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können.

Beschäftigungspflicht und Ausgleichsabgabe

Arbeitgeber mit durchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen sind verpflichtet, auf mindestens 5 Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Bei Nichterfüllung wird eine gestaffelte Ausgleichsabgabe fällig. Die genaue Höhe richtet sich danach, in welchem Umfang die Pflichtquote unterschritten wird.

Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung

In Betrieben mit mindestens fünf schwerbehinderten Beschäftigten wird eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Diese vertritt die Interessen der schwerbehinderten Mitarbeiter und ist bei allen relevanten Angelegenheiten zu beteiligen. Sie hat das Recht auf Information und Anhörung bei Maßnahmen, die schwerbehinderte Menschen betreffen, darf an Vorstellungsgesprächen schwerbehinderter Bewerber teilnehmen und hat Einsichtsrechte in Bewerbungsunterlagen. Besonders wichtig: Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, ist unwirksam.

Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis – kurz erklärt!

Eine Schwerbehinderung liegt bei einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vor. Die Feststellung erfolgt auf Antrag durch das Versorgungsamt. Bei einem GdB von 30 oder 40 ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Gleichstellung möglich. Für die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ist grundsätzlich die vorherige Zustimmung des Integrationsamts erforderlich. Eine ohne Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Ausnahmen gelten unter anderem in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses. Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben Anspruch auf zusätzlich fünf Arbeitstage bezahlten Urlaub pro Jahr. Bei Teilzeitbeschäftigung oder unterjährigem Ein-/Austritt erfolgt eine anteilige Berechnung. Schwerbehinderte haben Anspruch auf eine behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung, können Mehrarbeit ablehnen und unter bestimmten Voraussetzungen Teilzeitarbeit verlangen. Arbeitgeber haben eine Beschäftigungspflicht (5% Quote).

Praxistipps: Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis

Für Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung

Informieren Sie sich frühzeitig über Ihre Rechte. Die Anerkennung einer Schwerbehinderung kann besonders im Hinblick auf den Kündigungsschutz vorteilhaft sein. Bei drohender Kündigung sollten Sie dem Arbeitgeber Ihre Schwerbehinderung schriftlich mitteilen, auch wenn keine grundsätzliche Offenbarungspflicht besteht. Nach Erhalt einer Kündigung prüfen Sie umgehend, ob das Integrationsamt zugestimmt hat – fehlt diese Zustimmung, ist die Kündigung in der Regel unwirksam. Beachten Sie aber unbedingt die Drei-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage. Bei länger andauernder Erkrankung sollten Sie aktiv ein betriebliches Eingliederungsmanagement einfordern, um Ihren Arbeitsplatz zu sichern.

Für Arbeitgeber

Dokumentieren Sie Gespräche mit schwerbehinderten Mitarbeitern, insbesondere bei Konflikten oder Leistungsproblemen. Vor einer beabsichtigten Kündigung müssen Sie rechtzeitig die Zustimmung des Integrationsamts beantragen und die Schwerbehindertenvertretung beteiligen. Prüfen Sie stets Alternativen zur Kündigung, etwa durch behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung oder Versetzung. Bei Neueinstellungen sollten Sie die Beschäftigungsquote für schwerbehinderte Menschen im Blick behalten, um eine Ausgleichsabgabe zu vermeiden. Außerdem empfiehlt es sich, bei Problemen im Arbeitsverhältnis frühzeitig ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX einzuleiten.

Abschließende Hinweise zur Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis

Die arbeitsrechtlichen Regelungen zu Schwerbehinderungen bieten umfassenden Schutz für betroffene Arbeitnehmer, bringen aber auch Komplexität mit sich. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sollten bei Fragen zur Schwerbehinderung im Arbeitsverhältnis frühzeitig rechtlichen Rat einholen.

anwaltliche Beratung in Berlin

Bei Fragen zum besonderen Kündigungsschutz oder Aufhebungsvertrag im Arbeitsrecht empfiehlt sich die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.

persönliche Beratung für Mandanten aus angrenzenden Bezirken

Für persönliche Beratung auch für folgende Bezirke - gut erreichbar: Arbeitsrecht Prenzlauer Berg | Arbeitsrecht Friedrichshain | Arbeitsrecht Lichtenberg | Arbeitsrecht Weißensee | Arbeitsrecht Pankow

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As an employment lawyer in Berlin with extensive experience in labor law, I also offer consultation in English.

FAQ zum Thema Schwerbehinderung und besonderer Kündigungsschutz

Ab welchem Grad der Behinderung (GdB) gilt man als schwerbehindert?

Eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 festgestellt wurde. Menschen mit einem GdB von 30 oder 40 können unter bestimmten Voraussetzungen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie ohne diese Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können.

Was ist der besondere Kündigungsschutz bei Schwerbehinderung?

Der besondere Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen bedeutet, dass der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung die vorherige Zustimmung des Integrationsamts einholen muss. Dies gilt für ordentliche wie außerordentliche Kündigungen sowie für Änderungskündigungen. Eine ohne diese Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, unabhängig davon, ob dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung bekannt war oder nicht.

Wann muss ich meinem Arbeitgeber meine Schwerbehinderung mitteilen?

Grundsätzlich besteht keine allgemeine rechtliche Pflicht, den Arbeitgeber über eine Schwerbehinderung zu informieren. Eine Mitteilungspflicht entsteht nur, wenn die Behinderung die Fähigkeit zur Ausübung der vertraglich vereinbarten Tätigkeit wesentlich beeinträchtigt oder eine Selbst- oder Fremdgefährdung am Arbeitsplatz zur Folge hat. Um spezifische Nachteilsausgleiche (z.B. den gesetzlichen Zusatzurlaub von fünf Tagen oder die Freistellung von Mehrarbeit) in Anspruch nehmen zu können, müssen Sie den Arbeitgeber allerdings über Ihre Schwerbehinderung informieren. Besonders wichtig: Wurde Ihnen gekündigt und der Arbeitgeber wusste nichts von Ihrer Schwerbehinderung, müssen Sie ihn spätestens innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung informieren, um den besonderen Kündigungsschutz (Zustimmung des Integrationsamtes) wirksam geltend zu machen.

Muss das Integrationsamt jeder Kündigung eines schwerbehinderten Menschen zustimmen?

Nein, das Integrationsamt führt eine umfassende Prüfung durch und wägt die Interessen des Arbeitgebers gegen den besonderen Schutzbedarf des schwerbehinderten Menschen ab. Es kann die Zustimmung verweigern, wenn beispielsweise eine andere Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht oder wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte. Bei betriebsbedingten Kündigungen prüft es, ob Alternativarbeitsplätze zur Verfügung stehen oder ob Fördermaßnahmen möglich sind.

Welche Ausnahmen gibt es vom besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte?

Der besondere Kündigungsschutz gilt nicht in folgenden Fällen: - Während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses - Bei Kündigungen wegen Betriebsstilllegung unter bestimmten Voraussetzungen - Bei Arbeitnehmern, die das reguläre Rentenalter erreicht haben - In Kleinbetrieben mit weniger als fünf Arbeitnehmern, wenn der schwerbehinderte Mensch weniger als 5 Jahre beschäftigt ist Auch in diesen Fällen bleibt jedoch der allgemeine Kündigungsschutz nach dem KSchG bestehen, sofern dessen Voraussetzungen erfüllt sind.

Welchen Zusatzurlaub erhalten schwerbehinderte Arbeitnehmer?

Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf zusätzlich fünf Arbeitstage bezahlten Urlaub pro Jahr (§ 208 SGB IX). Bei einer Arbeitszeit von weniger als fünf Tagen pro Woche wird der Zusatzurlaub entsprechend anteilig berechnet. Auch bei unterjährigem Beginn oder Ende des Arbeitsverhältnisses oder bei erst während des Jahres anerkannter Schwerbehinderung wird der Zusatzurlaub zeitanteilig gewährt. Der Anspruch besteht unabhängig vom Grad der Behinderung ab einem GdB von 50 oder bei Gleichstellung.

Muss ich die Schwerbehinderung bereits bei der Bewerbung angeben?

Nein, es besteht keine Pflicht, die Schwerbehinderung bereits im Bewerbungsverfahren anzugeben. Eine entsprechende Frage des Arbeitgebers im Vorstellungsgespräch darf in der Regel sogar wahrheitswidrig beantwortet werden, sofern die Behinderung die Ausübung der angestrebten Tätigkeit nicht wesentlich beeinträchtigt. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die konkrete Tätigkeit ohne besondere Vorkehrungen nicht ausgeübt werden könnte oder wenn spezielle behindertengerechte Arbeitsplätze besetzt werden sollen.

Was passiert, wenn ich während meiner Beschäftigung schwerbehindert werde?

Wenn Sie während Ihrer Beschäftigung schwerbehindert werden, sollten Sie einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung beim zuständigen Versorgungsamt stellen. Ab dem Zeitpunkt der Antragstellung können Sie den besonderen Kündigungsschutz in Anspruch nehmen, sofern später eine Schwerbehinderung anerkannt wird. Um Nachteilsausgleiche wie Zusatzurlaub, Freistellung von Mehrarbeit oder behinderungsgerechte Arbeitsplatzgestaltung zu erhalten, müssen Sie Ihren Arbeitgeber über die Schwerbehinderung informieren und entsprechende Nachweise vorlegen.

Wie lange dauert das Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt?

Die Dauer des Zustimmungsverfahrens beim Integrationsamt variiert je nach Komplexität des Falls und Arbeitsbelastung der Behörde. Bei ordentlichen Kündigungen kann das Verfahren mehrere Wochen bis einige Monate dauern. Bei außerordentlichen (fristlosen) Kündigungen gilt eine gesetzliche Entscheidungsfrist von zwei Wochen – erfolgt innerhalb dieser Frist keine Entscheidung, gilt die Zustimmung als erteilt. Arbeitgeber sollten diesen Zeitbedarf bei ihrer Planung berücksichtigen und das Verfahren rechtzeitig einleiten.

Was ist eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen?

Eine Gleichstellung bedeutet, dass Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 oder 40 die gleichen arbeitsrechtlichen Schutzrechte wie schwerbehinderte Menschen erhalten können. Die Gleichstellung erfolgt auf Antrag durch die Bundesagentur für Arbeit und setzt voraus, dass der Betroffene ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten könnte. Gleichgestellte haben fast alle Rechte schwerbehinderter Menschen, außer dem Anspruch auf Zusatzurlaub und unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personenverkehr.

Kann ich mich gegen eine Kündigung wehren, wenn das Integrationsamt zugestimmt hat?

Ja, auch wenn das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat, können Sie innerhalb der regulären Drei-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben. Das Arbeitsgericht prüft dann unabhängig, ob die Kündigung auch nach allgemeinem Kündigungsschutzrecht (personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt) gerechtfertigt ist. Die Zustimmung des Integrationsamts ist nur eine formale Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung, ersetzt aber nicht die arbeitsgerichtliche Prüfung der materiellen Wirksamkeitsgründe.

Welche besonderen Pflichten hat der Arbeitgeber gegenüber schwerbehinderten Beschäftigten?

Arbeitgeber haben folgende besondere Pflichten gegenüber schwerbehinderten Beschäftigten: - Prüfung, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können - Behinderungsgerechte Einrichtung und Ausstattung des Arbeitsplatzes - Beschäftigung entsprechend ihren Fähigkeiten und Kenntnissen - Bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen - Einladung zu Vorstellungsgesprächen bei entsprechender Qualifikation (öffentlicher Dienst) - Führen von Präventionsgesprächen bei personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten - Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei allen Maßnahmen, die schwerbehinderte Menschen betreffen

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